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29.11.14
Heute durfte ich in der St Marienkirche in Berlin am Alex eine Predigt halten, hier ist sie. Ich zog mit zwei reizenden Engeln zum Altar:
Haleluja—Haleluja—ich habe Engel mitgebracht, deren Leib und Seele mich bis heute erfreuen
und Die Engel verteilen kleine gedichte , die ich extra für Euch geschrieben habe—sie stimmen immer, denn ich habe übersinnliche Kräfte.
Ja ,ich glaube an Schutzengel, die uns umschwirren wie die Motten um das Licht, die es gut mit uns meinen und die uns bedingungslos lieben,
aber glaube ich an Gott?
Ein klares Nein. Früher wäre ich dafür von der Kirche verbrannt worden, als Ungläubiger und als Schwuler . Schwule Männer wären als Streichölzer benutzt worden, um das Feuer der Hexenverbrennungen anzuheizen.
Ich glaube nicht an die Wahrheiten der Bibel, schon gar nicht an das alte Testament, indem mir viel zu von Gottes Zorn gepredigt wird und zu wenig von Liebe.und Eros. Im Namen Gottes ist bis heute genug Unheil angerichtet worden
Aber erst einmal die Frage ans Publikum, ich bin ja bekannt für mein OUTING—wer hat hier den Mut zu sagen, dass er..heterosexuell ist, bitte Finger hoch.
Danke,dass ist sehr mutig und noch eine Frage: Wer glaubt an das Leben nach dem Tode, das ist ja die Essenz des christlichen Glaubens, bitte Finger hoch.
Und wer glaubt an Sex nach dem Tode, bitte Finger hoch .
Sex ist ja wie wir wissen, was wunder wunderschönes und gerade schwule Männer in Berlin lieben es Sex zu haben am Computer oder in Darkrooms und wer hätte gedacht , dass ich einmal hier als offen schwuler Mann in einer protestantischen Kirche predigen darf.
Angefragt wurde ich von dem Superintendenten Berhard Höcker, einem charmanten Geistlichen, der behauptet, dass er mir, dem politischen Schwulen in seiner Jugend viel zu verdanken habe und er hat einen Satz gesagt, als wir uns in seinem Büro trafen, der mich sehr bewegt hat.
Er sagte, wenn Du einmal meine Hilfe brauchst, lass mich es wissen—das klang sehr ernst , nicht so dahingesagt. Jesus hätte es nicht besser sagen können und jetzt kommen wir auch gleich zu der Essenz meiner persönlichen Weltanschauung.
Woran ich glaube? Ich glaube an die Nächstenliebe, so bin ich erzogen worden von meinen christlichen Nazi-Eltern. Ich glaube daran, dass es gut ist , den Schwächeren zu helfen, die Mittellosen zu unterstützen, den Heimatlosen Heimat zu geben. Meine Eltern hatten dreimal alles verloren in ihrem Leben und sie hatten zwei Weltkriege erlebt und meinten einmal im Scherz. Ich wäre der Dritte.
Meine Eltern haben mich geliebt ohne mich zu verstehen,als Schwuler und als verrückter Künstler ,das ist etwas , was selbst mir schwer fallen würde. Könnte ich einen Neonazi lieben, einen Kopf ab Islamisten?
Und das ist es liebe Gemeinde—sind wir dazu fähig zu lieben,ohne den anderen zu verstehen, unseren besten Feind, der uns das Leben schwer macht, unseren ungerechten Arbeitgeber, gehässigen Nachbarn, einen agressiven jungen Mann, der uns Schwulen Schimpfworte hinterherruft,
einen fanatischen Araber, der die ISIS verehrt und mit dem Schwert unsere Köpfe abhacken will, einen Russen wie Putin, der uns lieber in der Irrenanstalt sieht.
Sind wir fähig mit Migranten nicht nur Sex zu haben, sondern ihnen auch zu helfen, sind wir fähig dem Sinti oder Roma eine Chance zu geben und sie nicht nur als Diebe abzustempeln.
Die Tochter von Marlene Dietrich erzählte mir kurz nach dem Tode ihrer Mutter wie sie bei ihrem Besuch in Berlin sich in das Goldene Buch er Stadt eintrug und sich dann mit dem Bürgermeister Willy Brandt zurückzog um Nächstenliebe auszuüben.
Viele Schwule mögen davon träumen mit hübschen Migranten Sex zu haben , aber wer von uns kennt einen Migranten näher,seine Familie, seine Sitten und Gebräuche, wer kennt einen Bettler, einen Obdachlosen näher. Wir laden sie nicht ein, weil wir Angst haben dass unser geschmackvolles Heim einen Kratzer bekommt.
Viele Schwule haben hier in Berlin mehr Geld als andere Bevölkerungsgruppen, viele sind ehrgeizig, haben gute Jobs bei der Bank, in der Werbung, kleiden sich gut, reisen gerne in Länder, wo man billig Sex haben kann und was tun sie aus Dankbarkeit denen gegenüber ,die es nicht so gut getroffen haben in der Gesellschaft?
Ja, wir Schwule haben Stärke bewiesen in den Zeiten von Aids, wir haben unsere Freunde gepflegt, sie besucht und sie beerdigt. Das ist ein Zeichen, dass wir fähig sind zur Nächstenliebe.
Die Welt momentan ist aus den Fugen und wir leben in der Mitte wie die Maden im Speck, denken an den neusten Computer.
Stellt Euch vor ,die Türen hier in der Marienkirche gehen zu und eine Stimme sagt. Die Türen werden erst wieder aufgehen, wenn ihr versprecht am nächsten Tag, in der nächsten Woche Nächstenliebe zu üben, an einem Fremden, einem Bedürftigen, einem Heimatlosen.
Die Liebe ist das Schösnte auf der Welt, warum müssen wir erst auf das Jenseits warten um die grosse Liebe zu erfahren . versöhnt Euch morgen mit Eurem ärgsten Feind, umarmt eine alte Dame, die einsam ist.
Wenn es einen Schöpfer gibt, dann hat er die Erde nicht als Paradis erschaffen. Liebe und Hass, Krieg und Frieden . Arm und Reich leben nah beieinander. Bisher hat es keine Religion oder Weltanschauung verstanden das zu ändern.
Es ist nicht wichtig an was wir glauben, an wen wir glauben , es ist nur wichtig dass wir an usn selbst glauben, an die Kraft der Liebe in uns , die ein Stück Berlin verändern kann.
Wie kommt es , dass Gott gerade das reiche Deutschland bevorzugt, dass man hier so luxeriös leben kann, während Arbeitslosigkeit und Armut und Kriege anderswo sind., warum gerade wir.
Als ich in Los Angeles einmal sehr angespannt aus dem Hotel kam ,sprach mich ein netter junger Mann an und sagte“Sie haben etwas verloren“. Ich schaute suchend auf den Boden . Ersagte „Sie haben ihr Lächeln verloren“—
das möchte man vielen Berlinern zurufen, die mürrisch ihre reiche Festtagstafel zusammensuchen und sich in ihrem Stress selbst bemitleiden.
Lasst uns aufstehen und uns die Hände geben und und trotz allem sagen: Selbstmitleid ist keine Lösung
und deshalb lasst uns zum Schluss dem Sänger Christian Steifen lauschen mit dem Lied,
Selbstmitleid, das ist die schönste jahreszeit, viel schöner noch als Winterdepression, denn dann hat man nur im Winter was davon.
Lass uns den Refrain mitsingen und wir werden als neue Menschen in das vorweihnachtliche Berlin gehen.
Danke schön. Dass ihr einer alten Tunte zugehört habt.
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